was habe ich schlechte Laune. Unfassbar miese Scheißlaune. Meine schlechte Laune würde ausreichen, einen kompletten Reisebus gefüllt mit Menschen in Tristesse zu versetzen, obwohl sie alle verliebt und auf dem Weg nach Paris sind.
Ich bin so miesepetrig, dass ich deutlich merke, wie meine Mundwinkel nach unten ziehen, meine Lippen einen harten Strich bilden und sich diese kleinen Fältchen drumherum tiefer und tiefer eingraben. Schaue ich heute in den Spiegel, dann sehe ich eine Essigfresse. Wodurch ich noch eine Stufe weiter hinunter in die Laune-Hölle nehme.
Woran liegt`s, fragst Du dich?
Nicht weniger als an Allem. Da fange ich doch gleich damit an, dass ich mir den falschen Lack gegriffen habe, als ich mein kleines Schränkchen streichen wollte. Dieser riecht. Kein blauer Engel, keine Wasserbasis, nein, so ein richtiger Lack, wie früher. Ich habe vor fast zwei Wochen gestrichen und ja, ich hätte es lassen und anderen Lack holen können. Aber ich dachte: So schlimm wird das schon nicht sein. Depp, der ich bin. Denn natürlich ist es schlimm. Und nachdem ich das Schränkchen so schön angeschliffen, weiß lackiert und noch einmal weiß lackiert habe, stand es noch tagelang draußen herum. In der Sonne, im Schatten, hier und da und dort.
Solche Dinge tut man, wenn man nicht herumgondeln kann. Wenn man so viel zuhause rumhängt. Dann sucht man sich Projekte. Damit man keine miese Laune bekommt.
Und das Schränkchen stinkt. Davon bekommt man auf jeden Fall ein Launeproblem.
Ich habe mit Essigwasser, Lavendelessenz und was weiß ich für Tipps herumexperimentiert und schlussendlich entschieden, das Ding kommt jetzt in mein Zimmer. Seitdem muss ich Dauerdurchzug machen, sonst wird der Geruch überwältigend. Wenn da mal nicht ein paar Schadstöffchen in meiner Nase Tango tanzen.
Der ein oder andere Schnüffler würde eventuell empfehlen, Fenster und Türen zu schließen und die Heizung aufzudrehen. Damit könnte sich die schlechte Laune verdampfen lassen.
Ich habe mir zwar als Kind, weil ich keinen Kaugummi bekam, denn meine Mutter fand kaugummikauende Menschen eklig, selbst Kaugummi aus Klebstoff hergestellt (ein großer Klecks Kleber zwischen den Finger verbappen und dann ab in den Mund) und damit sicher einige Hirnzellen eingebüßt, aber diese berauschten Zustände scheinen mir heute nicht erstrebenswert. Also ist das keine Option.
Ist das schon alles? Nein. Ich sage nur Leergut.
Es sammelt sich im Keller an. Wobei es vor Kurzem noch eine Leere-Flaschen-Versammlung im Garten gab, die stetig größer wurde. Und die trotz mehrfacher Aufforderung nicht verschwand. Bis ich es selbst in die Hand nahm und damit 15 Geld verdiente. Die Kellerflaschenparty mahnte ich auch ab. Und forderte ultimativ die Entsorgung am gestrigen Samstag. Der angesprochene junge Mann musste aber liegen. Weil Liegen sein größtes Hobby ist. Ich nahm das zum Anlass, einen hübschen Auftritt zu inszenieren und ihm die ewige Verdammnis zu versprechen. Und mich kraftvoll in der schlechten Laune zu wälzen, während ich die Flaschen selbst entsorgte. Wieder 15 Geld. Ich könnte es natürlich auch als wertvolle Fortbildung für meinen Lebensabend betrachten, wenn mich die Altersarmut wegen meines Rentenanspruchs von mittlerweile 79,36 Geld zum täglichen Leergutgeschäft zwingt.
Und dann noch Muttertag. Da möchte ich mir gerade den Finger in den Hals stecken und meine Rachenmandeln und das Zäpfchen kitzeln. Muttertag.
Da reiße ich mir als Mutter permanent den Arsch auf und am zweiten Sonntag im Mai kommt das Pack und sagt leise: Danke. Und ich sage laut: Nein Danke.
Wie wäre es denn mal mit unaufgefordertem Mitarbeiten? Leergut wegbringen, Klo putzen, Boden wischen, Hund ausführen, Einkaufen, Auto aussaugen, Rasen mähen, Müll rausbringen, es gibt so viele Dinge, die regelmäßig getan werden. Von mir. Ich gebe gern ab. Und vor allem und noch einmal explizit: UNAUFGEFORDERT, das ist das Zauberwort dabei. Ich würde mich so freuen, an jedem verdammten Tag im Jahr, an dem in diesem Haushalt etwas erledigt wird, was erledigt werden muss, weil es so weit ist, dass es erledigt werden muss. Ohne dass ich dazu etwas sagen muss. Nicht einmal danke.
Wenn ich miese Laune habe, dann hadere ich eben auch gern mit dem Schicksal, dass mich in die Mutti-Putzfrau-Haushälterinnen-Falle hat tappen lassen. Und das erstreckt sich von:
- Die anderen sind so doof und blöd und scheiße, nie helfen die, immer muss ich alles machen, immer ich, immerich, immerichimmerichimmerich!
- Ich bin so doof und blöd und scheiße, warum mache ich denn immer alles, immerich, ich kann es doch auch lassen.
Ich brauche dringend eine Stimmungsaufhellung. Und dachte, die könnte ich im Wald bekommen. Darum stapfte ich eben wutschnaubend zwischen den Bäumen umher. Die Laune wurde auch nicht gebessert durch den Gedanken, dass ich mir den Spaziergang schön geredet und auf eine therapeutische Ebene gezogen habe, denn eigentlich war ich gar nicht dran mit Spazieren. Aber der ältere Mann muss heute morgen liegen. Denn Liegen ist wichtig, wenn man sich erst in der Frühe um 8 ins Haus geschlichen hat.
Zu meinem Pech begegnete mir in dieser unguten Stimmung auch noch der neue Nachbar mit seinem Hund. Diese rheinische Frohnatur auf einem schmalen Waldweg, das hat mir noch gefehlt zu meinem Glück. Ich habe mich wirklich bemüht, es stoisch zu ertragen. Aber ich befürchte, ich hatte mein Gesicht nicht im Griff. Kann ich jetzt auch nicht ändern. Dann denkt er eben, ich wäre eine Gewitterziege.
Bin ich ja auch.
Hast Du nicht irgendeine gute Idee, die mir hilft, dieses Gefühl wieder loszuwerden? Aber komm mir jetzt nicht mit dem Hinweis, ich solle meine schlechten Gefühle in eine Papiertüte stecken und sie anzünden oder im Garten vergraben oder das Klo runterspülen. Habe ich schon versucht. Hat nichts gebracht.
Liebe Grüße vom Miesmuffel
Guck mal, ob Du Wutzwerge hast.
AntwortenLöschenOh nein, da sitzen drei auf meiner Schulter! Und jede Wette, die hat hier jemand vergessen. Vermutlich haben die unterm Küchentisch auf ihre Chance gelauert und sich jetzt mir an den Hals geschmissen. Hol` die bitte morgen ab.
Löschen