Freitag, 8. Mai 2020

"Ich nehme alles"

Liebe Annika,

meine Tante hat auch Probleme mit der Maske. Und richtig umgehauen hat es sie im Buchladen. Diesen hatte sie aufgesucht, weil ihr langsam aber sicher der Lesestoff ausging. Natürlich war es auch die Freude, in einen Laden gehen zu können, in dem kein Klopapier verkauft wird. Oder Wandfarbe. Einen Laden für die Seele sozusagen.
Die Verkäuferin fragte recht schnell, ob sie helfen könne, weil meine Tante so durch die Regale eierte und meine Tante erklärte ihren Wunsch nach Büchern mit Spannung und Kurzweil. Aber schon nach wenigen Momenten merkte sie, dass die mangelhafte Ventilation sich negativ auf ihr Gehirn auswirkte. Sie konnte der Verkäuferin gar nicht folgen, während diese ihr ein Buch nach dem anderen vorstellte und beschrieb. Irgendwann war das Tantchen dann soweit, dass es ihr sehr schwummerig wurde und sie befürchtete, in absehbarer Zeit zu Boden zu gehen. Darum rief sie: "Ach wissen Sie was? Ich nehm sie alle!", schnappte sich einen Bücherstapel, zahlte, rannte zur Tür hinaus und riss sich die Maske vom Gesicht.

Die Verkäuferin hat sich bestimmt gefreut. Und meine Tante überlegt jetzt, welche Atmentechnik sie sich aneignet, weil sie sonst Gefahr läuft, auf Dauer das Konto zu sehr zu belasten, wenn sie immer kurz vor der Ohmacht "Ich nehm alles!" ruft.

Ich mag die Masken übrigens, weil sie mir ersparen, der Welt meine Pickel zu zeigen. Es gibt ja, wie zum Beginn der Fruchtbarkeit, auch am Ende derselbigen hier und da Hautunreinheiten. Die roten Flatschen am Kinn sieht jetzt keiner mehr. Neben dem Fokus auf innere Werte ein echter Gewinn. Kein Gewinn ist es, ständig den eigenen Atem zu riechen. Da hatte ich wirklich schon Frischeres in der Nase.
Jetzt ist sehr gründliche Zahn- und Mundpflege nicht nur eine Prävention für Zahnarztphobiker, es ist überlebenswichtig, um nicht am eigenen Mauldampf zu ersticken.

Darauf erst einmal einen feinen Spearmint-Kaugummi.

Liebe Grüße,

Deine Lavendel

2 Kommentare:

  1. Ich möchte nun ( endlich) auch mal einen Kommentar hinterlassen... Ich lese bei Dir, liebe Annika, schon lange mit - bin über den Kiezneurotiker/pestarzt und den guten Glumm auf dein(en) blog gekommen - bin sehr begeistert von dem was du bzw ihr jetzt schreibt, und wollte mich einerseits bedanken dafür dass hier so vieles geteilt wird, als auch zum Maskenthema einen kleinen Beitrag leisten...

    Also die Maske.... Ich arbeite in einem Kindergarten und Hört, also in der Betreuung von 3 bis 12 jährigen und habe seit dieser Woche in der ich wieder "normal" arbeite, d.h. im Kontakt mit Kindern und Eltern fast ständig eine Maske auf und es schafft mich (mit gerade einmal 36 Jahren) doch enorm... nicht nur dass man ständig seinen eigenen Mundgeruch in der Nase hat - schon mal jemand ein Fischermans Friend gelutscht während dem Maskentragen? - sondern man ist als Brillenträger auch ständig dem "aus-dem-Kalten-kommen" Effekt ausgeliefert... kurz und gut, es ist der Horror, und gleichzeitig soll man noch den Kindern gegenüber gute Mine zum blöden Spiel machen... ich kann mich hier nur anschließen ohne eine bessere Lösung zu wissen. Mach bzw macht bitte so weiter und seid euch meiner Bewunderung und meinem Beifall gewiss...
    Sebastian

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    1. So freundliche Worte! Besten Dank für die Blumen, Herr Sebastian.

      Ja, die Masken... Mir ist andauernd blümerant mit ihnen und ich mag mir gar nicht vorstellen, mit Maske spielen zu müssen in einer Horde Kinder... Respekt!

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