Dienstag, 9. Juni 2020

Brandenburgische Standesbeamtinnen

Lavendelchen, du wirst doch nicht etwa vom Virus aufgestöbert worden sein und liegst nun darnieder, unfähig, einen Laptop auf den Knien zu balancieren und dir etwas Heiteres aus den Fingern zu saugen? Na? Muss ich mir Sorgen machen???

Unsereiner beehrt die Hauptstadt und deren Lieblingsrestaurants mit Anwesenheit. Ich muss ja die Wirtschaft ankurbeln und viel Reisnudeln mit Garnelen aber ohne Koriander futtern. Beim Italiener hingegen nur Pizza Morte, also nix an nix, nur Teig mit Öl drübba - herrlich. 

Überhaupt treffe ich mich jetzt wieder viel mit anderen, wenn auch nur an der frischen Luft. Obwohl neulich, da hatte ich den Schweden zu Gast. Stell dir vor: ich kenne einen Schweden, der stinkereich, 20 Jahre jünger ist und einen Narren an mir gefressen hat. Ich erinnere den bestimmt an eine Tante, womöglich an seine Mutter, die lebt ja in Schweden und das ist ja ganz schön weit weg, nicht wahr? Kann man sich schon mal für eine ältliche Berlinerin erwärmen, gell?

Ich war sogar neulich auf einer Corona-Hochzeit auf dem Land. Wir alle im Trauraum mit Masken auf und weit voneinander entfernt gesessen. Eine rustikale, brandenburgische Standesbeamtin mit pfiffiger Kurzhaarfrisur und BSR-orangenem T-Shirt über einer Hose brüllte gegen ihre Maske an und bediente mit der Fernbedienung die Musikanlage. Das Hochzeitspaar hatte sich etliche Lieder gewünscht und die wurden nun alle drei Minuten angemacht und wir mussten alle zuhören. Habe ich so noch nie erlebt. Das zog sich also alles hin durch die Beschallung und draußen vor der Tür musste erst noch der obligatorische Baumstamm durchgesägt werden, bevor wir uns direkt nebenan in die Storchenklause begaben. Bei Storchenklause denkt man ja gleich ans Schlimmste, aber: deutsche Hausmannskost at its best.

Aber trotz dieser amüsanten Begegnungen ist mein Leben nicht nur mit Sternstunden gespickt. Letzten Samstag zum Beispiel, da hatte ich tagsüber eine Radtour mit einer Freundin und den Leihhund gemacht, dann saßen wir noch in einer entzückenden Eisdiele mit spitzenmäßigem Eis, ich bin da sehr mäkelig, musst du wissen, jedenfalls radelten wir dann im Wolkenbruch nach Hause und sowohl Hund als auch ich hatten genug getan, um den Rest des Abends zu netflixen. 

Aber gegen 21 Uhr fiel mir ein, dass ich noch dringend einen Wochenendeinkauf machen muss und bis 22 Uhr hat REAL auf, ich also hin und plötzlich finde ich mich am Tchibo Regal wieder, vor den Sonderangeboten und mir wird klar, was ich da mache: ich stehe Samstag Abend bei REAL vor dem Tchibo Regal und da wollte ich laut aufschluchzen und mein verkorkstes und vollends missglücktes Leben betrauern. Habe ich dann aber erst im Auto gemacht. 

So mäandere ich hin und her in meinem Gedankengebirge, mal guter Dinge, mal schlechter Dinge; ich weiß eigentlich nie, welche Stimmung mich erwartet, alles ist möglich derzeit. 

Und bei dir so?

Fragt sich deine Annika

1 Kommentar:

  1. Manchmal glaube ich, es liegt an den Wechseljahren...manchmal glaube ich, es liegt an den Tabletten, die ich nehme, oder aber der Gesamtsituation. Und auch wenn unsere Groß- oder Urgroßeltern auch zig Dinge selbst erlebt oder in ihrer Zeit mitgemacht haben, ändert es doch nichts am persönlichen Empfinden. So egoistisch das klingen mag. Unsere Vorfahren haben tatsächlich den Krieg live und in Farbe miterlebt, haben es z.T. überlebt und sich doch am Leben weiterhin gefreut. Ich wünsche mir für uns alle, das wir das auch können. Corinna ist kein Krieg, wir hungern nicht aber andere Bewohner des Erdballs hungern schon ewig oder werden es demnächst tun. Dagegen geht es uns auch blendend. Trotzdem fühlt man sich, warm und geborgen in seiner Butze mies, hadert mit dem Leben und hat mal schlechte Tage. Es gibt in jeder Situation im Leben jemanden, dem es schlechter geht, der früher gestorben ist, der mehr Schmerzen ertragen musste als man selbst und trotzdem fühlt man sich selbst manchmal bei pupsigen Sachen nicht gut. Ist das schlecht? Ist das egoistisch? Ich glaube nicht, dass man das so sagen kann. Stimmungen kommen und gehen. Das steht man fest. An einem Tag freu ich mich des Lebens und am nächsten könnte ich beim Klang eines Songs in Tränen ausbrechen (und hab es auch schon getan). Dann fühle ich mich tatsächlich als ob mein Leben nur einen Wimpernschlag entfernt davon wäre zu Ende zu sein.
    Freuen kann sich, wer dieses Jahr tatsächlich ein gutes Jahr nennen kann. Schlechte Zeiten bringen ja trotzdem auch immer wieder Gewinner hervor. Irgendwer profitiert von all dem immer. Komisch aber wahr. Nützt uns anderen Mäusen auch nüscht......
    Ich wünsch mir positive Erlebnisse, positive Nachrichten und doch noch einen Sommer voller schöner Momente, die andere und mich vergessen lassen, dass dieses Jahr sehr...besonders war....

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