Donnerstag, 3. Juni 2021

Usedom is calling

Corona-Sommerurlaub: Niedersachsen verfolgt furiosen Plan - weiteres  Bundesland zieht mit | Welt

Mein Augenstern,

bevor ich morgen nach Usedom enteile, beginne ich meinen ersten Urlaubstag, dir endlich zu antworten.

So eine Augenuntersuchung hatte ich auch mal, wo einem was reingetropft wird. Das war ganz furchtbar für eine Hypochonderin wie mich, die jeden Mini-Pups in ihrem Körper beobachtet und beachtet, als würde Armageddon ausbrechen. Nicht nur, dass man über Stunden kein Licht mehr ertragen kann, die ganze Welt wabert um einen herum und gerät aus den Fugen. Es waren schlimme Stunden. Seither war ich sicherheitshalber auch nie wieder beim Augenarzt. 

Aber wie wir neulich schon spruchen: nie zum Arzt gehen ist auch keine Lösung, wie ich nun feststellen musste. Ab einem bestimmten Alter muss auch ein Schisser wie ich mal hin, sonst rächt sich das und man hat den Salat. 

Anyway: das Leben birgt so einige Überraschungen gerade. Ganz tolle, unerwartete Sachen passieren. Und einige saublöde. So hält sich das die Waage - und nun wird endlich Sommer und ich summe wie eine geschäftige Biene wieder los und bevölkere die Außengastronomie. Herrlich! Bald bin ich zum zweiten Mal geimpft und ich bin froh, dass ich kein junger Mann im Alter 16-19 bin, denn die bekommen 'vom guten Zeug' Herzmuskelentzündungen, wie ich eben in der Zeitung lese.

Ich war sogar auf Stippvisite bei meinem Mütterlein, als Überraschung. Eine Freundin fuhr für eine Nacht nach Goslar und ich bat sie, mich im Kaff abzusetzen. Eine halbe Stunde vor Ankunft rief ich meine Mutter an, sie solle mal den Kaffee aufsetzen, in einer halben Stunde sei ich da. Sie hat beinah einen Herzinfarkt vor Freude bekommen (Lernkurve: das nächste Mal etwas früher anrufen, sonst wird sie doch nicht 100). Mit jeder Menge Holunderbeergelee ging's wieder zurück nach Berlin.

Ihr zu Ehren habe ich meinen ersten Schnelltest gemacht. Verrückte Welt: in diesem windigen Frühjahr steht man vor Zelten herum, füllt wehende Fragebögen aus, lässt sich von 19-21 jährigen Menschen in der Nase herumbohren und drückt sich dann 10 Minuten vor Schaufenstern herum, bis man sein Zertifikat abholen kann, um Dinge zu tun, über die man sich früher keine Gedanken gemacht hat. 

Gestern war ich live dabei, wie ein Mann ein positives Ergebnis verkündet bekam. Er nahm das bedröppelt und tonlos entgegen und dann wurde er gebeten zu warten (worauf nur?) und sich etwas abseits zu stellen. Als ich nach 10 Minuten mein Ergebnis abholte, stand er noch immer abseits. Eigentlich geht das aus Datenschutzgründen gar nicht, so eine Diagnose in aller Öffentlichkeit, hörbar für alle Umstehenden - oder bin ich da zu empfindlich?

Wenn's dich die nächsten Tage zufällig nach Usedom verschlägt - ich hätte nix dagegen. Wo wir nun schon mal beide Urlaub haben. Ich bin mit einer Freundin in einer superschönen Luxus- und coronagemäßen Wohnung eingebucht: 2 Schlafzimmer, 2 Bäder, 2 Balkone plus ein riesiges Zimmer der Begegnung in einer dieser alten Villen mit Meerblick. WLAN soll's geben, aber auf Usedom funktioniert das nie. Ich nehme alle ungelesenen Bücher mit:

Ella Werner: Der Untergang des Abendkleides
Alexander Gorkow: Die Kinder hören Pink Floyd
Curtis Sittenfeld: Hillary
Juli Zeh: Über Menschen

Das wird fein!

Nun zur Beantwortung: 

1) Die Tochter hat heute die Mathe-Abiklausur erledigt. Hauptsache keine sechs. (Meine Rede seit '45)

2) Meine Hormone machen absurde Sachen mit meinem Körper (Bart? Bauchweh? Blutsturz?) (Vor allem das mit dem Bart, ich muss schon andauernd zupfen. Aber Männer bekommen Brüste, auch nicht schön)

3) Ich habe mir eine Geschichte über einen sehr langen und sehr dicken Regenwurm ausgedacht. (Der Seelenklempner hätte eine Freude an dir)

4) Ich bin halb geimpft. (Me too. Erstimpfung komplikationslos)

5) Die Brotspinne verliert an Konturen für mich. Aber nicht nur sie. (Ich gratuliere. Du bist auf dem Weg der Besserung)

6) Ich möchte mehr schreiben, aber ich weiß gerade nicht, wie das geht. (Mir geht es leider ähnlich. Wird schon wieder)

Und danke für den unglaublich guten Rat deines Augenarztes. Ich werde ihn beherzigen, so gut es geht.  

Stets die deine
Annika

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