Dienstag, 11. August 2020

Heiße Tests

Meine liebste Annika,

ich lautmale einige Uffs und Achs für Dich, die Du eine Fahrt im Schlafwagen überstanden hast. Ein bisschen kannst Du Dich glücklich schätzen, ist Dir doch eine veritable Übelkeit durch dieses Wagongeschuckel in der Nacht ohne gescheiten Blick auf einen Horizont erspart geblieben.

Als ich Anno Dunnemals einmal mit dem Nachtzug nach Bozen reiste, um dann in Südtirol auf zwei Brettern einen Berg herunterzuwedeln, wurde mir hinter Ulm ziemlich kötzelig. Mein Hirn und mein Ohr haben massive Kommunikationsprobleme, wenn der Untergrund schwankt und ich nicht selbst fahre. Im Tauziehen um die Herrschaft verleiten sie den Magen zum gehaltvollen Aufschwulken. Weißte bescheid.

Aber generell ist so eine Nachtfahrt im Zug auf jeden Fall ein Abenteuer. Und Du hast es doch bravourös gemeistert. Und dann zur Belohnung Wien. Wien. Ich war das letzte und einzige Mal da vor 27 Jahren, mit meiner Tante. Wir haben das Phantom der Oper geschaut. Und sind am nächsten Tag ein bisschen durch Wien gelaufen. Leider hatte ich schlimme Kopfschmerzen. Aber es war nicht heiß. Vor 27 Jahren, da waren die Sommer noch richtige Sommer. Kühl und manchmal regnerisch. Herrlich war das. 

Heute ist der Sommer ja eine endlose Reihe von Hitzewellen. Und da hört der Spaß einfach auf. 

Gestern zum Beispiel, bin ich mit drei Damen, die ich während meiner Reha im März kennenlernen durfte, mit einem Boot über den Rhein geschippert. Innere und äußere Hitzewellen machten uns fertig und in Königswinter musste eine von uns, nach dem Genuss eines Tiramisu mit ordentlich Wumms, eine Ruhepause auf einer Promenadenbank einlegen. Der Kreislauf, weißt Du. Tiramisu, dazu einen Espresso, 35 Grad und kein Windchen nach einer einstündigen Fahrt auf hoher See, da braucht es schon eine gehörige Stabilität, um nicht in die Knie zu gehen. Und ihr hat es eben selbige aufgeweicht. 

Um es auf den Punkt zu bringen: Scheißhitze. 

Und schon wieder diese Sorge, dass irgendein Penner im Wald eine abgerauchte Kippe wegschnickt. Sag mir nicht, die Leute sind doch nicht doof. Die sind doof. Saudoof. Immerhin finde ich jeden Tag mindestens eine ausgetretene Kippe auf dem Waldboden. Und die werden nicht vom Oberwildschwein als Deko platziert. Zum Glück gewittert es heute Abend ein bisschen, so dass es den Wald zumindest leicht anfeuchtet. 

Ich hatte übrigens kein Tiramisu. Ich hatte eine Eisschokolade. Mit Sahne. Es war große Klasse. Und hat gleich einen erneuten Speckring auf meine Hüfte gelegt. War ich noch vor Kurzem erfreut, in der Coronazeit nicht zugenommen zu haben, sammle ich jetzt wieder für schlechte Zeiten einiges an Reserven. Wie so ein Vorgel, der sich für den Winter fettfrisst. 

Überhaupt, im Moment bin ich unzufrieden mit meinem Körper. Abgesehen davon, dass ich eine klimakterische Matrone werde, nervt auch hin und wieder der Bauch. Auf der Suche nach den Ursachen musste ich kürzlich einen Test absolvieren. 
Was soll ich sagen. Ich habe diesen Test so gut gemacht, ich glaube sogar, niemand hat bisher diesen Test so gut geschafft. Ich war einfach phantastisch. Es war erstaunlich. Die MTA war so sehr von mir beeindruckt, wie gut ich diesen Test gemacht habe. Sie sagte: „Sehr gut.“

Und ich glaube, sie sagt das nicht zu vielen, denn nicht viele können diesen Test so gut absolvieren wie ich. Ich war großartig. 

Ich musste für diesen Test einen Viertelliter Zuckerwasser trinken. Das habe ich auf einen Schwung weggeschluckt. Andere müssen absetzten. Ich nicht. Angesetzt, reingekippt, phantastisch. Kein mal abgesetzt. Die anderen können das so nicht.

Und dann musste ich alle 30 Minuten zu der MTA gehen. Ich habe nicht einen Termin verpasst. 4 Mal musste ich nach 30 Minuten zu ihr gehen und ich kam immer genau im richtigen Moment. Sie fand das absolut erstaunlich. Andere kommen schon 5 Minuten zu früh oder 10 Minuten zu spät. Ich war immer auf die Sekunde nach 30 Minuten bei ihr. Keiner musste mir sagen, wann und wie das geht. Ich konnte es einfach. Unfassbar. 

Die MTA sagte dann, ich soll die Luft anhalten. 20 Sekunden musste ich die Luft anhalten. Wenn Dir jemand sagt, halte 20 Sekunden die Luft an, und dann hältst Du 20 Sekunden die Luft an, und wenn Du das dann schaffst, dann zeigt das, wie unglaublich gut Du bist. Konzentriert, erfolgreich, großartig.

Dann sollst Du nicht einfach ausatmen. Nein. Du musst in ein Plastikrohr an einem sehr komplizierten und phantastischen Gerät pusten. Kräftig pusten. Ich pustete so kräftig, niemand hatte bisher so in das Rohr gepustet, wie ich in dieses Rohr an diesem wunderbaren Gerät gepustet habe. Die MTA fand, sie hätte noch nie jemanden so pusten sehen. Ich bin ein sehr guter Puster. Vermutlich könnte man sagen, einer der besten Puster überhaupt. 

Nach dem Pusten muss man weiteratmen. Einfach wieder ein und aus. Ich würde sagen, einatmen und ausatmen ist einfach das, was ich sehr gut beherrsche. Besser als die meisten, besser als alle anderen. Ich habe so großartig weitergeatmet. Es gab keine Probleme. Ich habe das alles perfekt gemacht. Ich habe diesen Test als Beste gemacht. Ich habe diesen Test mit voller Punktzahl bestanden. 

Und ich habe keine Laktoseintoleranz. 

Weshalb ich weiter Sahneschnittchen, Camembert und Joghurt essen kann. Und zum Glück bin ich bei den 20 Sekunden Luftanhalten nicht zu Tode gekommen. Wenn mir nämlich jemand sagt, ich soll 20 Sekunden die Luft anhalten, bekomme ich nach 3 Sekunden die erste Panikattacke, weil ich sicher bin, zu ersticken.Und 20 Sekunden sind lang. 

Egal. Die Hauptsache ist, ich habe einen wirklich guten Job gemacht. Und im September halte ich für Fruktose die Luft an. Im September mache ich diesen Test nochmal. Nicht genau den gleichen, nein. Es ist Fruktose. Ich werde ihn wieder so perfekt machen. 

Immerhin bin ich stabil und ein Pustgenie. 

Solltest Du noch Fragen haben, meine liebe Annika, ich kann Dir alles erklären. 

Deine Potus Lavendel

1 Kommentar:

  1. Frau Lavendel, Ihr Beitrag hatte starke Trump'sche Einflüsse, nicht wahr? Ich könnt mich weglachen

    AntwortenLöschen